Software hilft Ärzten bei der Diagnose

Die stetig steigende Datenmenge überfordert nicht nur die Festplatten von Computern, sondern auch und viele Ärzte. Medizintechnikhersteller wollen mit kleinen Softwarefirmen kooperieren, um geeignete Softwarelösungen vor allem für Praktiker in den Krankenhäusern zu entwickeln.Segen und Fluch einer neuen Technik liegen oft eng beieinander: Computer-Tomografen, die digitale Schichtbilder des Körperinneren erstellen, oder neue bildgebende Verfahren, wie die Magnetresonanz-Tomografie, bieten zwar einen immer genaueren Blick in den menschlichen Körper und ermöglichen eine exaktere Diagnose. Die modernen Bildverfahren liefern aber so viele Daten, dass viele Ärzte in den Röntgenabteilungen der Klinken bei der Bewertung der Bilderflut überfordert sind.So werden beispielsweise bei einer einzigen Untersuchung mit dem Computertomografen (CT) mehr als 500 Bilder vom Körperinneren aufgenommen. Das entspricht einer Datenmenge von rund 10 Gigabyte. ?Diese Informationsdichte überfordert nicht nur die Festplatten, sondern auch viele Ärzte?, sagt Claus Claussen, Leiter der Abteilung Radiodiagnostik an der Universitätsklinik Tübingen.Das sieht Joachim Dudeck, Professor am Institut für Medizinische Informatik des Universitätsklinikums Gießen genau so. ?Die Herausforderung für die Zukunft besteht darin, die stetig zunehmende Datenmenge über ein effizientes Datenmanagement zu entscheidungsrelevanten Informationen aufzubereiten?, sagt der Radiologe.Medizintechnikhersteller wie Siemens Medical Services, Philips oder General Electric suchen aus diesem Grund verstärkt nach Kooperationen mit kleinen Softwareunternehmen und vor allem Praktikern in den Krankenhäusern, um die Medziner mit Hilfe von Softwarelösungen bei der Auswertung der Daten zu unterstützen. Ziel dieser Kooperationen ist es, Konzepte und technische Lösungen zu entwerfen, wie die Bilderfluten in der ärztlichen Praxis verarbeitet werden können. Siemens Medical Solutions hat dazu gleich zwei so genannter ?Imaging Science Institute? zusammen mit Universitätskliniken gegründet: eins in Berlin bei der Charité-Universitätsmedizin und eins am Universitätsklinikum in Tübingen.Die Marktforscher von IDC bezeichnen die digitale Verwaltung von Patientendaten und Befunden als Top-Priorität für das Gesundheitswesen. ?Die IT-Ausgaben in diesem Bereich werden sich in den nächsten vier bis fünf Jahren verdoppeln?, sagt IDC-Analyst Massimiliano Claps. 2004 wurden IDC zufolge in Westeuropa für Lösungen zur digitalen Verwaltung von Patienteninformationen 1,1 Mrd. Dollar ausgeben. 2008 sollen es 2,1 Mrd. Dollar sein.Dies macht deutlich, dass die Digitalisierung der Befunde und die neue Bildgewinnung nicht helfen werden, im Gesundheitswesen Geld zu sparen. ?Was man auf der einen Seite an Röntgenfilmen und Archivmitarbeitern spart, verschlingen auf der anderen Seite anfällige System, Wartungsverträge und teure Computerexperten?, sagt der Tübinger Radiologe Claus Claussen. Die medizinischen Einrichtungen seien aber bereit, Geld für neue Bildgebungsverfahren auszugeben, wenn sicher gestellt sei, dass sie von den neuen Möglichkeiten der Bildgewinnung profitieren könnten, statt organisatorisch und informationstechnisch durch sie überfahren zu werden.?Die Software muss sich nahtlos in bestehende IT-System der Krankenhäuser einpassen lassen?, beschreibt Guido Prause, Vice President beim Bremer Softwarehersteller Mevis, die Herausfoderung. Und damit die an der Diagnose und Therapie beteiligten Fachleute mit dem System arbeiten können, müssen alle in die digitale Kommunikation einbezogen werden.Das Bremer Unternehmen hat eine Software entwickelt, die auf Grundlage von CT-Aufnahmen digitale Abbilder des Innenlebens der Leber erzeugt. Das vom Mathematikprofessor Heinz-Otto Peitgen gegründete Unternehmen nutzt Algorithmen aus der Chaos-Theorie, um aus den Außenansichten, die das CT generiert, das bislang unsichtbare Gefäßsystem des Organs zu errechnen. Die Software ist so erfolgreich, dass Klinken in Japan und den USA CT-Daten über das Internet nach Bremen schicken, um über Nacht Risikoanalysen für einen Eingriff berechnen zu lassen. Mevis arbeitet nun an ähnlichen Lösungen für Herz- und Lungenerkrankungen.Quelle: HANDELSBLATT