Warnung vor zu hohen Dosen

Heidelberger elektronischer Arzneimittelratgeber AiDKlinik® reduziert die Zahl der Überdosierungen von Arzneimitteln um 20 Prozent / Neues Warnmodul wird auf der MEDICA vorgestellt

Zu hohe Dosen eines Arzneimittels sind gefährlich und bedauerlicherweise nicht selten. Meist wird die Standarddosierung eines Arzneimittels nicht auf die Bedürfnisse des individuellen Patienten angepasst.

Eine neue Funktion des elektronischen Arzneimittel-Ratgebers AiDKlinik®, das Warnmodul MaxDose, entdeckt 38 Prozent mehr Überdosierungen und kann die Häufigkeit dieser Vorfälle erheblich reduzieren. Eine Studie mit mehr als 12.000 Verschreibungen im Krankenhaus hat gezeigt, dass Warnhinweise bei Verschreibung per PC die Zahl der Überdosierungen um 20 Prozent reduzieren kann. Das Warnmodul sowie andere Zusatzfunktionen werden auf der MEDICA vorgestellt, die vom 18. bis 21. November 2009 in Düsseldorf stattfindet.

AiDKlinik®: Arzneimittellotse auf Internetbasis

AiDKlinik® ist ein elektronischer Berater auf Internet-Basis. Er lotst den Arzt sicher durch den unübersichtlichen deutschen Arzneimittelmarkt und hilft falsche Dosierungen, Nebenwirkungen, gefährliche Wechselwirkungen zwischen Arzneimitteln sowie Doppelverschreibungen zu vermeiden. Die Verordnung kann aus AiDKlinik® direkt in ein Rezept und einen Arztbrief übertragen werden. AiDKlinik® wurde von der Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg, gemeinsam mit der Klinikums-Apotheke sowie dem Herausgeber der Gelben Liste, der Medizinischen Medien Informations GmbH (MMI, Neu-Isenburg), entwickelt.

Der elektronische Arzneimittel-Berater auf Internet-Basis wurde 2004 erstmals auf der MEDICA vorgestellt. Mittlerweile ist das System flächendeckend am Universitätsklinikum Heidelberg sowie an weiteren Klinken, darunter drei Universitätsklinika (MHH Hannover, Köln und Frankfurt), eingeführt.

Lizenzen für Kliniken und niedergelassene Ärzte

Seit März 2008 können auch Einzelpersonen (z.B. niedergelassene Ärzte) eine Lizenz für AiDKlinik® über den Thieme-Verlag erwerben (Anmeldung unter www.doctors-aid.de).

Die Vermeidung von Überdosierungen ist das jüngste erprobte Zusatzinstrument. „Überdosierungen um mindestens 30 Prozent kommen etwa bei 4,8 Prozent der Verschreibungen im Krankenhaus vor“, erläutert Professor Walter E. Haefeli, Ärztlicher Direktor der Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg. Häufiger Grund für eine Überdosierung ist eine eingeschränkte Nierenfunktion. „Dadurch wird die Ausscheidung vieler Medikamente beeinträchtigt“, so Professor Haefeli. Wird die Einschränkung der Nierenfunktion bei der Verordnung nicht berücksichtigt, können lebensbedrohliche Überdosierungen auftreten.

Das Software-Warnmodul MaxDose liefert Informationen zu maximalen Dosierungen in Abhängigkeit von acht wichtigen Patientencharakteristika wie z.B. der aktuellen Nierenleistung oder dem Alter, die alle gleichzeitig berücksichtigt werden. Anders als in anderen Warnsystemen wird somit nicht einfach die maximal zugelassene Dosierung mit der Verordnung verglichen, sondern berechnet, welche Maximaldosis von dem Patienten noch vertragen und ausgeschieden werden kann. Dies führt dazu, dass 38 Prozent mehr Risikosituationen erkannt werden als von bisherigen Systemen. Ebenfalls anders als in anderen Systemen erhält der Arzt deshalb keine Vielzahl unspezifischer Hinweise, sondern nur eine einzige gebündelte Warnung, falls die verordnete Dosis für einen speziellen Patienten zu hoch ist.

Die Heidelberger Wissenschaftler haben das neue Modul in einer prospektiven kontrollierten Studie getestet. Im Gegensatz zu vergleichbaren früheren Studien reagierten die Ärzte überdurchschnittlich häufig auf die angezeigten Informationen und passten die Dosierungen entsprechend an. Entscheidend für die Effektivität eines solchen Systems ist aber auch die kritische Evaluierung potentieller neuer Risiken. „Über die gesamte Studiendauer manifestierten sich durch die Einführung des elektronisches Hilfsmittels keine neuen Verordnungsfehler, z.B. durch die Verordnung zu niedriger Dosen“, berichtet Professor Haefeli.

Weiteres Warnmodul zeigt Allergien an

Ein weiteres Warnmodul wir derzeit für die Testung im klinischen Alltag vorbereitet: Neben MaxDose verfügt AiDKlinik® neu über ein ausgefeiltes Allergie-Warnsystem, das sich von vergleichbaren anderen Systemen wiederum durch Fokussierung und Präzisierung der Warnungen abhebt. So werden Allergien nicht nur zu Wirkstoffgruppen oder einzelnen Wirkstoffen sondern auch speziell für Hilfsstoffe angezeigt. Darüber hinaus erkennt das Modul Kreuzallergien und zeigt dem Anwender nach Risikokategorien eingestufte Warnhinweise an.

Der Stand der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg und der Dosing GmbH befindet sich auf der MEDICA 2009 in Halle 16 C41.

Weitere Informationen im Internet unter www.aidklinik.de und in nachfolgender Publikation:

Seidling HM, Schmitt SPW, Bruckner T, Kaltschmidt J, Pruszydlo M, Senger C, Bertsche T, Walter-Sack I, Haefeli WE. Patient-specific electronic decision support reduces prescription of excessive doses. Qual Health Care Med 2009

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg
Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang
Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 7.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 40 Kliniken und Fachabteilungen mit 1.600 Betten werden jährlich rund 500.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.100 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. (Stand 12/2008)

Quelle:  www.klinikum.uni-heidelberg.de/presse